»Ziegengelb, Fischgrün, Bienenblau« Rosemarie Sprute

Bernhard Sprute präsentiert Tierstücke, die einen zentralen Themenbereich seiner Arbeit ausmachen. In einer von starker Farbigkeit und Formenfülle dominierten Malerei geht es auf inhaltlicher und formaler Ebene um die Auseinandersetzung mit dem Tier. Nicht von ungefähr fokussiert der Maler Bienen, Ziegen, Fische, also wenig spektakuläre Tiere, einfach, genügsam, arbeitsam. Tiere, die mit Wenigem auskommen und uns Menschen doch die elementare Nahrung bieten. Jedes ist an sein eigenes Element gebunden, der Fisch ans Wasser, die Biene an die Luft, die Ziege an die Erde. Hierin zeigen sich übrigens Querverweise zu dem Themenkomplex der "Elemente", mit dem sich Bernhard Sprute in den späten 80er Jahren intensiv auseinandergesetzt hat.

Gemeinsam ist diesen Tiersujets eine christliche, aber auch eine vielschichtige mythologische Symbolik, etwa in der den Zeusknaben nährenden Ziege Amaltheia. Sie steht für das weibliche Prinzip, für die natura naturans, die Natur, die stets Neues schöpferisch hervorbringt.

Diese inhaltlichen Dimensionen finden ihre formale Entsprechung in Bernhard Sprutes Bildwelt nicht in naturwahrer Nachahmung der Tiere. Vielmehr werden die Tiere abstrahiert, etwa auf ihre Konturen reduziert oder auf einzelne Teile wie auf einen Ziegenfuß oder einen Bienenflügel. Ihre organischen Formen werden mitunter geometrisiert. Mit dieser Reduktion der Tiere auf abstrahierte Formen geht eine farbliche Verfremdung einher, Bienen sind z.B. blau geringelt, Fische grün gemustert, Ziegen entäußern sich in gelbe Strukturen.

Diese auf Farbformen oder Formfragmente zurückgenommenen Tiere hat der Maler mit anderen malerischen Strukturen auf der Bildfläche vernetzt. Sie dringen in die Bildräume ein, die aus farbigen, linearen, flächigen Strukturen zu großen übergreifenden Systemen zusammenwachsen und in denen sich unzählige Subsysteme in Form von floralen Mustern, von geometrischen Modellen, von arabesken Formen und individuellen mythischen Zeichen zusammenschließen, die gleichzeitig selbstgenügsam für sich sind und doch wesentlichen Anteil am gesamten Bildkosmos haben. In diesem eng verzahnten Bezugssystem von Form, Farbe und Bildgegenstand entfaltet sich die spannungsvolle formale und inhaltliche Komplexität dieser Bilder.

Dr. Rosemarie Sprute, Kunstwissenschaftlerin, Bad Oeynhausen 2002